Landwirtschaft im Expertengespräch
Es war ein Versuch der FDP, das komplexe Thema: Landwirtschaft in all seinen Facetten mit ausgewiesenen Experten zu diskutieren. Viele Bereiche wurden dabei angerissen, einige davon intensiver. Aber klar wurde, dass wir in den kommenden Jahren einen verstärkten Dialog zwischen Landwirten und Verbrauchern benötigen. Zu viele Themen werden heute in der Öffentlichkeit zu emotional und teilweise polemisch diskutiert. Selbst zwischen Politikern und Bauern werden unnötigerweise Gräben aufgerissen. Dies könnte man leicht durch eine offene und ehrliche Kommunikation vermeiden.
Rainer Erdel (Er war von 2009 bis 2013 für die FDP im Deutschen Bundestag). Der selbstständige Landwirt und Bürgermeister in Dietenhofen beklagte, dass die meisten Kritiker der Landwirtschaft sich nicht mit der Situation der Bauern auseinandersetzen. „Wir haben gegenwärtig eine sehr schwierige Situation, und die wenigsten haben eine vertiefte Ahnung von der Landwirtschaft“! Dr. Gero Hocker (agrarpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion) beklagte die überbordenden bürokratischen Pflichten, die heute einem Landwirt schon mehr als 50 Prozent seiner Zeit kosten. “Landwirte haben ein ureigenes Interesse daran, natürliche Ressourcen zu schützen, denn ihr eigener Ertrag als Unternehmer hängt vor allem auch davon ab, dass sie Boden, Luft und Wasser nutzen können. Deswegen sollte Gesellschaft ihre Einstellung gegenüber Landwirtschaft gründlich überdenken und ihre pauschalen Verurteilungen überwinden.”
Prof. Urs Niggli ist ein international anerkannter Agrarexperte, der von UNO-Generalsekretär António Guterres in die Wissenschaftsgruppe für die Vorbereitung des «2021 Food System Summit» gewählt wurde. Für Niggli steht neben der ökologisch und sozial verantwortungsvollen Landwirtschaft auch die nachhaltige und gesunde Ernährung im Vordergrund. «Der große Druck auf weitere Ertragssteigerungen für eine wachsende Menschheit kann gemildert werden, wenn weniger Lebensmittel verschwendet und weniger Getreide als Tierfutter verwendet werden!“ Für ihn braucht es eine grosse Vielfalt von Anbaumethoden, um die 10 Milliarden Menschen zu ernähren. „Dazu werden wir sehr genau betrachten müssen, wie wir ‚high tech‘ Verfahren und traditionelle, systembezogene Lösungen wie den Ökolandbau kombinieren können.“ Für ihn können Roboter und Drohnen helfen, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um mehr als 80 Prozent zu reduzieren. Das alles wird nicht von heute auf morgen gehen. Aber anpacken müssen wir die innovativen Methoden schon. Und die Digitalisierung bietet die Chance, die bürokratischen Vorschriften einzudämmen.
Dr. Hermann Drummer zog ein kurzes Resümee: „Wir müssen künftig stärker den wissenschaftlichen Sachverstand zu Rate ziehen, als nur aus dem Bauch heraus zu regieren. Da waren sich alle einig und vieles deutet darauf hin, dass es nach der Bundestagswahl einen verstärkten Dialog zwischen den Verbrauchern und den Landwirten geben wird. Momentan sind die Positionen verhärtet und Politiker, die die Gräben vertiefen, sind nicht hilfreich. Nur über einen vernünftig geführten Dialog kommen wir zu mehr Verantwortung in der Landwirtschaft. „ Es ist doch so, dass sich viele Landwirte als die Buhmänner empfinden. Das darf nicht sein,“ so Rainer Erdel.
Dr. Hocker bekräftige am Ende der Diskussion, dass von beiden Seiten Anstrengungen unternommen werden müssen. „Viele meinen, das alte Dorf müsse wieder auferstehen oder alle Bauern könnten von der Direktvermarktung leben. Das sind die falschen Bilder. Wir müssen die Landwirtschaft als ein Geschäft sehen, das den harten Marktbedingungen unterworfen ist.“ Die eher romantischen Bilder entstehen oft in der Großstadt rund um den Grill, der einige Tausend Euro kostet und dafür dient, ein veganes Würstchen für 50 Eurocent zu grillen. „Wir müssen wieder in die Wirklichkeit zurückkommen“, so der Bundestagsabgeordnete
Einig waren sich alle drei, dass die Diskussion um die Zukunft der Landwirtschaft intensiv fortgeführt werden muss. So wie es heute läuft, kann es nicht weitergehen. Die Wege in die Zukunft müssen wir heute national lösen und versuchen global umzusetzen.